Obst- und Gartenbauverein Laufental             









Hinweis

Die untenstehende Information wurde vom Autor (R. Roth) aus folgenden Internet-Quellen zussammengetragen und mit eigenen Erfahrungen kombiniert:

Diese Quellen sind sehr ausführlich, fast zu ausführlich für Otto Normalverbraucher. Ziel ist es eine praktische Anleitung zu geben zur Bekämpfung der Kirschessigfliege, indem die Information einfach und verständlich aufbereitet wird. Viele Bilder in diesem Artikels stammen aus diesen Quellen.

Letztes Update 7. März 2022.

Was ist die Kirschessigfliege (KEF), Drosophila Suzukii?

Die Kirschessigfliege ist eine aus Asien eingeführte Fruchtfliege. Wie alle Fruchtfliegen, vermehrt sie sich explosionsartig, wenn ihr die Bedingungen passen. In den letzten Jahren führt sie in unserer Gegend vor allem in den Kirschenkulturen zu grossen Schäden. Vor allem die späten Hochstammkirschen sind ausserordentlich gefährdet, da zu deren Reifezeit (ab Mitte Juni) schon extrem viele Fliegen vorhanden sind und Hochstammbäume fast nicht mit vor dem Schädling geschützt werden können.

Die Fliege kann von den einheimischen Fruchtfliegen, vor allem dadurch unterschieden werden, dass die Männchen einen schwarzen Fleck auf den Flügeln haben, siehe unten.

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Linkss ein Männchen, rechts ein Weibchen.                                          Invasion einer Traube.

Warum führt die KEF zu grossen Schäden?

Die KEF legt ihre Eier in fast reife Früchte ab. Die Früchte erhalten dadurch einen starken Essiggeschmack und können nicht mehr verwendet werden. Ein Weibchen kann in ihrem 1-2 Monate langen Leben bis zu 600 Eier ablegen und nach ca. 10- 20 Tagen sind neue Fruchtfliegen herangewachsen. Darum kann sich die Fliege unter günstigen Umständen explosionsartig vermehren.
Die Fliege legt Ihre Eier in alle dunkelroten bis schwarzen Früchte: Kirschen, Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Heidelbeeren Zwetschgen und Trauben. Auch rote und schwarze Wildfrüchte, wie solche von Holunder und Eiben, werden sehr gerne heimgesucht. Dadurch kann die Fliege sich von Juni bis Oktober vermehren. Erst danach brechen die Bestände langsam ein.

Graphik: Fangzahlen pro 100 Fallen für die ganze Schweiz (Zahlen von Agroscope). Man sieht die Population steigt mit der Temperatur und dem Nahrungsangebot.

Wann vermehrt sich die KEF schnell?

Die Fliege ist ab ca. 10°C aktiv. Aber am liebsten hat sie Temperarturen zwischen 20-25°C und sie bevorzugt den Schatten. Sie zieht sich darum gerne an schattige Orte, wie Waldränder und dichte Büsche, zurück. Sie legt Ihre Eier am liebsten an schattigen Orten ab, z.B die unteren Krohnenteile der Hochstammbäume, oder Brombeerhecken. Die Larven mögen gerne das feuchte Klima des hohen Gras unter den Bäumen.
Die Fliege ernährt sich von Zucker und Hefe. Den Zucker braucht sie zum Leben, die Hefe um viele Eier produzieren zu können. Das heisst sie ernährt sich von überreifen Früchten aller Art und legt die Eier dann in die rot, bzw. schwarz reifenden Früchte.

Was mag die Fliege nicht?

Die Fliege mag es nicht gerne heiss und trocken. Ab 30°C werden die Männchen unfruchtbar. Das kann die Vermehrung im Sommer bremsen. Im Winter findet die Fliege wenig Nahrung, darum ist die Population im Januar ziemlich stark reduziert. Aber ein befruchtetes Weibchen und gute Bedingungen reichen aus um rasch eine neue Population zu starten.

Wie überlebt die Fliege im Winter?

Es überleben nur die erwachsenen Tiere. Die Larven sterben ab, sobald die Temperaturen unter 0°C fallen.
Man weiss mittlerweile, dass eine Wintergeneration gibt, die relativ tiefe Temperaturen unter 0°C überleben kann. Die normalen "Sommerfliegen" gehen bei Temperaturen unter 0°C ein.
Zum Überleben braucht die Fliege Nahrung (Zucker) und Temperaturen, die nicht allzu tief unter 0°C liegen. Solche Bedingungen finden sie vor in den Wohngebieten vor. Ein guter Ort ist der Komposthaufen. Dort hat es oft Fruchtreste, welche den Zucker liefern, und die Verrotungswärme sorgt dafür, dass es nicht zu kalt wird.
Man weiss mittlerweile auch, dass die Fliege zum Beispiel die weissen Früchte der Mistel nutzt um schon früh im Jahr Eier abzulegen, sobald die Temperaturen hoch genug sind (LINK).
Urs Asprion, aus Dittingen, hat im Winter auch viele Fliegen in der Nähe von Bienenhäusern gefangen. In Bienenhäusern ist es nachts gerne ein paar Grad wärmer als draussen und Zucker hat es oftmals ebenfalls.

Wie kann die Fliege NICHT bekämpft werden?

Der Einsatz von Spritzmitteln ist nur im professionellen Obstbau eine Option. Das Problem ist, dass gespritzt werden muss, wenn die Früchte schon sehr reif sind, wodurch die Wartefristen fast nicht eingehalten werden können. Da die Fliege sich so schnell vermehrt besteht auch die Gefahr, dass die nächste Fliegengeneration resistent gegen die Mittel wird. Das Einnetzen der Bäume mit 0.8mm Netzen ist für Hochstammbäume und im Hausgarten ebenfalls nicht praktikabel.

Auch ist das Aufstellen von Becherfallen im Sommer an den Hochstammbäumen, wenn sich schon eine ziemlich grosse Population aufgebaut hat ist vergebene Liebesmüh. Es ist auch nicht möglich alle Kirschbäume abzuernten. Die Fliege wird zur Kirschenzeit immer reife Früchte vorfinden und sich vermehren können. Die Empfehlungen der offiziellen Stellen sind oft nicht praktikabel.

Wie kann man die Fliege im Hausgarten bekämpfen?

  • Den Anfangsbestand reduzieren
    Von Dezember bis Anfang April Becherfallen im Garten aufstellen. Die Fliegen finden zu dieser Zeit wenig Nahrung und die überlebenden Fliegen gehen so gerne in die Fallen. Vor allem in der Nähe des Komposthaufens lassen sich viele Fliege fangen, wenn die Aussentemperatur über 10°C steigt.
    Auch wichtig ist im Herbst keine Äpfel und Birnen unter den Bäumen liegen zu lassen. Diese dienen sonst als Überlebensnahrung für die Fliegen. Ein grosser Apfel kann eine KEF lange ernähren.
    Am besten geht das, wenn die ganze Nachbarschaft mitmacht!

Wie kann man die Fliege im Hochstammobstbau bekämpfen?

  • Den Anfangsbestand reduzieren zwischen Dezember und April
    Hier sollte man die Fallen nicht in den Bäumen aufhängen, sondern entlang vom Waldrand. Dorthin ziehen sich die Fliegen im Winter zurück. Das ganze macht man ebenfalls von Dezember bis April. Das ist sehr effektiv, weil wegen der tiefen Temperaturen verdunstet der Alkohol nicht so schnell und die Falle muss in der ganzen Zeit nur ein bis 2 Mal  aufgefüllt werden. Das kann man bequem bei zwei Spaziergängen erledigen.
    Der Beifang von anderen Fruchtfliegen ist in dieser Zeit auch wesentlich geringer, weil viele einheimsche Insekten als Larven überwintern und nicht als erwachsene Tiere. Sie gehen darum nicht in die Falle. Diese Methode ist darum schonender für die anderen Insekten Arten. Diese konnte der Autor bei sich im Garten sehr gut beobachten. In der Zeit gingen fast nur Essigfliegen und normale Fruchtfliegen in die Falle. Normale Fruchtfliegen (Drosophila Melanogaster) sind an sich auch eingewanderte Insekten, die mit der KEF verwandt sind und ähnliche Überlebenstrategien haben. Dieser Beifang ist darum nicht so tragisch.

  • Misteln auf Apfelbäumen bekämpfen
    Da die Fliegen die Früchte der Misteln nutzen für die Eier der ersten Generation, sollte die Misteln auf den Apfelbäumen bekämpft werden.
    Dabei kann man einfach die Misteln abschneiden. Das ist aber ein grosser Aufwand ist, den man immer wieder wiederholen muss, weil die Misteln wachsen wie Unkraut nach.
    Bäume, auf denen vielen Misteln wachsen, und welche nicht genutzt werden, sollte man ummachen oder ringeln.
    Ringeln heisst die Rinde rum um den Stamm auf einer Breite von ca. 10 cm komplett entfernen. (https://de.wikipedia.org/wiki/Ringelung)
  • Lebensraum für die Fliege unwirtlich machen
    • Hochstammkirschbäume so schneiden, dass eine luftige Krohne entsteht, welche den Fliegen weniger Schatten bietet, Stichwort Oeschbergkrohne.
    • Das Gras unter den Bäume probieren ganzjährig kurz halten. Eventuell eine langzeitige Beweidung mit wenigen Schafen ins Auge fassen.

Wie funktioniert eine Becherfalle?

Eine Becherfalle ist mit einem Lockstoff gefüllter Behälter. Die Fliegen kriechen durch kleine Öffnungen in die Falle rein und ertrinken dann im Lockstoff.
Mit einer Becherfalle werden nicht nur Kirschessigfliegen angezogen sondern auch einheimische Fruchtfliegen. Darum sollte man nicht erschrecken, wenn es im Frühjahr extrem viele andere Fruchtfliegen und Mücken drin hat (Darum die Fallen im Winter aufstellen, was effektiver ist)


Hier eine Falle vom Typ "Profatec". Dieses Schweizer Produkt ist wiederverwendbar, kann sehr einfach montiert werden, und ist relativ günstig in der Anschaffung und im Betrieb, da die Falle einfach mit Köderflüssigkeit wiederbefüllt werden kann. Der rote Deckel zieht die Fliegen zusätzlich an.
Der Verein bietet solche Fallen zum Verkauf an. Für Mitglieder kosten diese 2CHF/Stk. für Nichtmitglieder 2.50/Stk. Zum bestellen einfach eine Email an info@obstbauverein-laufental schicken. Die Fallen müssen in Laufen abgeholt werden.

Kann man eine Falle nicht auch selber machen?

Becherfallen sind für den Nichtprofi eher schwer und nur in grossen Mengen erhältlich. In der Landi, kann man zwar einzelne Fallen kaufen, das kostet aber 7.50 CHF/Stk. Wenn man mehrere Fallen benötigt, dann kann ganz schön ins Geld gehen.
Darum kann aus alten PET Flaschen auch Fallen selber basteln. Einfach auf der einen Hälfte ca. 15 bis 20 2mm grosse Löcher in die Flasche bohren,  oder mit einem 1.5mm dicken heissen Draht die Löcher reinschmelzen.
Die Falle mit Köderflüssigkeit füllen und mit eine Draht oder Schnur aufhängen.

  

Sieht nicht schlecht aus. Allerdings sind Becherfallen wesentlich einfacher in der Handhabung und es gibt weniger ein "Gesäu".
Auch haben Versuche des Autors gezeigt, dass mit Becherfallen im gleichen Zeitraum wesentlich mehr KEFs gefangen werden können als mit den Flaschenfallen.
Die Beschreibung des Versuchs kann HIER heruntergeladen werden

Was für Köderflüssigkeit verwendet man?

Urs Asprion aus Dittingen hat ein Spezialrezept entwickelt, das eine besonders hohe Lockwirkung hat (besser als die Standardmischung)

50% Apfelessig
25% billiges Bier
15% billiger Rotwein (Tetrapak-Wein)
10% Himbeersirup. 
Dazu gibt man pro Liter 30 Tropfen GWM-Glanztrockner hinzu.

Hier eine kleine Mengenberechnung für übliche Gebindegrössen:

 

Gebindegrösse

Einzelkomponente

0.50 L

1.00 L

1.50 L

2.00 L

5.00 L

Apfelessig

0.25 L

0.5 L

0.75 L

1 L

2.5 L

Bier

0.125 L

0.250 L

0.375 L

0.500 L

1.250 L

Wein

0.075 L

0.150 L

0.225 L

0.300 L

0.750 L

Himbeersirup

0.050 L

0.100 L

0.150 L

0.200 L

0.500 L

GWM Glänzer (Tropfen)

15

30

45

60

150

Man kann auch Köderflüssigkeit kaufen, zum Beispiel bei Biocontrol kaufen. 5L kosten aber ca. 55 CHF (plus Porto), das ist ein stolzer Preis und die Wirkung ist ebenfalls nicht so gut.
GANZ WICHTIG. Der Köderflüssigkeit sollte man unbedingt 2 Stück zerquetschte Kirschen pro Becherfalle beigeben.
In Versuchen des Autors wurden so 4 bis 5 Mal mehr weibliche Fliegen gefangen, also ohne Kirschen.
Hierfür kann man tiefgefrorene Kirschen verwenden (kann man in der Migros kaufen.
Wenn man weniger dreckige Finger will, dann kann man die Kirschen auch Pürieren und die Flüssigkeit in Eiswürfelbehälter geben und wieder einfrieren.
So kann man jedes Mal einfach einen Würfel in die Fallen tun ohne dreckige Finger zu bekommen.

Wo stellt man die Fallen am Besten auf?

  • Von Dezember bis Anfang April sollten die Fallen vor allem an den Waldrändern, in der Nähe von Brombeersträuchern und Efeu aufgehängt werden. Dort ist das Rückzugsgebiet der Fliege. Der Abstand zwischen 2 Fallen sollte ca. 10 - 20 Meter betragen.
    Wenn man die Falle im die Bäume hängen will, so braucht es pro grossen Baum, ca. 3 bis 4 Fallen.
  • Im Hausgarten stellt man die Fallen ebenfalls an schattigen Orten (Hinter dem Haus) in ca. 5-10 Meter Abstand auf.
    Am meisten Fliegen fängt man in der Nähe des Komposthaufens.

       
    Links eine Falle in der Nähe des Kompostbehälters, rechts eine Falle im Schatten, ca. 20 Meter entfernt. Alles heimische Fruchtfliegen keine KEF.

Wie oft wechselt man die Köderflüssigkeit?

  • Die Becherfallen sollten ca. alle 7 bis 14 Tage inspiziert werden.
  • Im zeitigen Frühjahr reicht es die Flüssigkeit alle 3-4 Wochen zu ersetzen. Von Dezember bis Anfang April muss man höchsten 2 Mal die Flüssigkeit wechseln. Wenn es wärmer wird, dann sollte die Flüssigkeit alle 14 Tage ersetzt werden
  • Der Inhalt der Fallen kann man ruhig auf den Boden leeren. Die Viecher sind tot und die Flüssigkeit versickert, sie bietet den Fliegen nicht wirklich Nahrung an.

Wie könnte die Bekämpfungsmethode der Zukunft aussehen?

Wenn wir auch in 50 Jahren noch Hochstamkirschbäume auf unseren Feldern haben wollen, dann braucht es andere Lösungen.
Wie so eine aussehen könnte ist in diesem Artikel beschrieben.

Frühe Sorten für eine sichere Ernte?

Anfang bis Mitte Juni ist die Population der Fliege meistens noch nicht so hoch, dass sie grosse Schäden verursacht. Das heisst Früchte die in dieser Zeit reif werden, werden weniger befallen als die späteren Sorten. Darum kann es Sinn machen, dass wenn man Kirschbäume pflanzt, dass man eine frühe Sorten wählt.
Man kann auch ältere Bäume mit späten Sorten umveredeln auf frühe Sorten. Der Verein kann helfen bei solchen Aktionen helfen.
Frühe Sorten sind oft aber nicht gleich gut im Geschmack.
Achtung!!! früh reifende Sorten müssen unbedingt komplett abgeerntet werden. Wenn man das nicht macht, dann sind die frühen Sorten unweigerlich der Start zur Massenvermehrung. Wenn man frühe Kirschbäume hat und diese nicht abernten kann, dann kann man auch darüber nachdenken die Bäume zu fällen und  durch Apfel-oder Birnenbäume zu ersetzen.